Das Basler Bahnhof SBB ist der Einzige in der Schweiz, der zwei Uhren hat. Hinter dieser Besonderheit steckt ein interessantes Stück Schweizer Geschichte.
Jeder Schweizer Bahnhof hat mindestens eine Bahnhofsuhr
Die Schweizer Bahnhofsuhr existiert in ihrem heutigen Design seit 1944. Damals entwickelte ⬈ Hans Hilfiker die schlichte, moderne Uhr. Ihr Sekundenzeiger ist ein roter, dünner Stab mit einer runden Scheibe am Ende. So erinnert sie an die Kelle des Bahnhofsvorstehers. Die Schweizer Bahnhofsuhr ist sehr leicht abzulesen und entspricht immer noch unserem Zeitgeist. In das Tempo der Zugreisen bringt sie ein wenig Gelassenheit.
Warum hat der Basler Bahnhof zwei Uhren?
Reisen wir ein Stück zurück in die Geschichte. Im Jahr 1844 rauschte der erste Zug durch die Schweiz. Die Strecke reichte damals von Mulhouse nach Basel. Damit war hier nicht nur die erste Zugstrecke der Schweiz geschaffen worden, sondern auch die erste internationale Zugverbindung weltweit. Oft wird heute die Fahrt von Zürich nach Baden als erste Zugfahrt der Schweiz erinnert. Aber sie fand erst drei Jahre später statt.
Der Bau des ersten Schweizer Bahnhofs machte eine Erweiterung der Stadtmauer erforderlich. Mittlerweile stehen beide nicht mehr. Im Jahr 1860 nahm der Centralbahnhof seinen Dienst auf. Das lange symmetrische Gebäude besass zwei Bahngesellschaften. Eine für in die Schweiz, die andere nach Frankreich.
Bevor die Eisenbahn den Takt des Lebens bestimmte und die Industrialisierung beschleunigte, hatte jede schweizerische Stadt ihre eigene Zeit. Diese richtete sich nach dem Höchststand der Sonne. Zu diesem Zeitpunkt war es Mittag. Die Bahn, die die Städte miteinander verband, brachte also täglich Reisende in Städte, auf deren Zeit sie sich einstellen mussten. Das Zugpersonal musste sich nach verschiedenen Uhrzeiten richten.
Auch in anderen Ländern gab es eine solche Vielfalt in der Zeitmessung. Zu dieser Zeit kamen in den USA mehr als zehn Menschen bei einem Zusammenstoss zweier Züge ums Leben. Dieses Unglück ereignete sich, weil die Zugführer verschiedene Uhrzeiten hatten.
Als Versuch, das Chaos zu bereinigen, richtete man Uhrzeiten ein, die ausschliesslich für die Züge galten. Das bedeutete, dass die Bahnhofsuhr eine andere Zeit anzeigte als die Kirchturmuhr. Auf Dauer setzte sich die Bahnhofsuhr durch. Denn in der Industrialisierung gab der Fortschritt den Takt an, nicht mehr die Spiritualität.
Zwei Uhren.
Sinnbild der Internationalität
Die schweizerische Eisenbahnzeit war die ⬈ Berner Zeit. Fuhren Züge nach Frankreich, richteten sie sich nach der Pariser Zeit. Dies ist der Grund für die zwei Uhren am Basler Bahnhof SBB: Die linke Uhr zeigte die Berner Zeit an, die rechte die Pariser Zeit. So wussten die Reisenden jeweils, ob sie pünktlich waren, – für Fahrten entweder in die Schweiz oder nach Frankreich.
Damit ist die doppelte Zeitmessung am Basler Bahnhof SBB ein frühes Symbol der Binationalität, der Internationalität und sogar der beginnenden Globalisierung. Die Zeit, in der die Bewohnerinnen und Bewohner der Städte weitestgehend unter sich blieben, war vorbei. Sie wich der Völker verbindenden Vernetzung der Nationen und Kontinente.
Im Jahre 1986 inspiriert sich der Schweizer Uhrenhersteller Mondaine, vom emblematischen patentierten Design der Bahnhofsuhr und verwandelt es in eine Uhrenkollektion — mit offizieller Genehmigung der Schweizerischen Bundesbahn.
Zwei Uhren zwei Uhrzeiten
Die beiden Uhren haben überigens lange nicht die gleiche Zeit angezeigt. Dies wird vom Historiker ⬈ Benedikt Meyer so gut und lustig erklärt, dass man sich das Video fast ansehen muss. (Sehr empfehlenswert)