Vor der Einführung der mitteleuropäischen Zeit von 125 Jahren hatte jede Stadt ihre eigene Zeit. In der heutigen Zeit der weltweiten Vernetzung und Kommunikation erscheint uns dies unglaublich. Aber früher war es Realität.
Einführung der mitteleuropäischen Zeit vor 125 Jahren
Am 01. April 1893 wurden die Uhren in Deutschland, Österreich und Italien auf eine einheitliche Uhrzeit eingestellt. Damit war die mitteleuropäische Zeit zumindest für drei Nationen geboren. Im Jahr darauf trat die Schweiz dieser Vereinbarung bei. Vorher gab es hier eine Vielzahl von unterschiedlichen Uhrzeiten, denn diese waren in allen Städten verschieden. Die jeweilige Zeit wurde vor der Vereinheitlichung durch den Sonnenstand auf dem entsprechenden geografischen Längengrad ermittelt.
Chaos auf Reisen mit der Eisenbahn
Der Eisenbahnverkehr, der erst vor wenigen Jahrzehnten entstanden war und für einen schnelleren Transport von Menschen und Gütern sorgte, war ein Vorbote der Globalisierung. Aufgrund der verschiedenen Zeitmessungen brach hier auf nahezu jeder Reise Chaos aus. Insbesondere Grenzstädte wie Basel waren davon betroffen.
Man versuchte die Missstände zu beheben, indem man Einheitszeiten festlegte, die nur für die Züge galten. Diese orientierten sich meist an den Zeiten der jeweiligen Hauptstädte. Aber wer möchte schon an einem Bahnhof aussteigen und sich plötzlich in der betreffenden Stadt nach einer völlig anderen Zeit richten?
In Basel gab es seit 1854 den Central Bahnhof, der heute Bahnhof SBB heisst. Ein Jahr später nahm der Badische Bahnhof den Verkehr auf. Beide zeigten eine unterschiedliche Zeit an – in derselben Stadt!
Ähnliche Zustände gab es auch in der Neuen Welt. Im Jahr 1853 geschah in den USA ein schweres Zugunglück, das man auf das Chaos der Uhrzeiten zurückführte. Zwei Lokführer hatten ihre Taschenuhren auf unterschiedliche Uhrzeiten eingestellt. Dies hatte zur Folge, dass zwei Züge in Virginia Falls zusammen stiessen. Dreizehn Menschen kamen dabei ums Leben. Damit war das Dilemma nicht mehr zu übersehen.
Der steinige Weg zur ersten Einigung der Europäer
Auf einer Tagung in Washington im Jahr 1884 stellte einer der Teilnehmer eine Möglichkeit der Zeitregulierung vor. Ein System aus 24 Zeitzonen sollte die Welt übersichtlich machen und das Chaos der Gemeinden und Städte beenden. Vor allem Deutschland zeigte hier jedoch Vorbehalte, weil konservativ gestimmte Kreise an der Städte-Regelung festhalten wollten. Neun Jahre später einigten sich aber die mitteleuropäischen Staaten auf die MEZ (mitteleuropäische Zeit). Danach schlossen sich immer mehr Länder an. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges traten schliesslich auch Grossbritannien, Portugal, Monaco, Irland und Andorra der europäischen Regelung bei. Die MEZ bezieht sich auf den 15. Längengrad Ost und gilt in Mitteleuropa und Teilen Afrikas.
Die Sommerzeit gilt seit 1977 auch in der Schweiz
Zwei Mal im Jahr werden die Uhren umgestellt, nämlich Ende März und Ende Oktober. Die sogenannte Sommerzeit hängt mit der MEZ zusammen. Auch die Menschen in Basel nehmen daran teil, denn 1977 schloss sich die Schweiz dieser Einheitlichkeit an.
Um den Übergang so geschmeidig wie möglich zu gestalten, entschied man sich, die Umstellung auf eine Nacht im Wochenende zu legen. Diese Zeit machte die Umstellung für die SBB einfacher, ein Grossteil der Bevölkerung schläft und Nachzügler haben am Sonntag noch Zeit, die Uhren umzustellen.
Immer wieder flammen Diskussionen auf, die Sommerzeit abzuschaffen. Daher befasst sich derzeit das Europäische Parlament mit dieser Thematik. Ob man die Winter- oder die Sommerzeit als Normalzeit festlegen soll, ist jedoch umstritten. Obwohl die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, könnte dies auch hier Folgen haben. Ähnlich wie bei der Anpassung an Europa bei der Einführung würde es auch heute keinen Sinn machen, alleine an der Winterzeit festzuhalten.
Ist das Ende der Sommerzeit gekommen?
Die „Basler Zeit“ währte 400 Jahre
Die Baslerinnen und Basler sind stolz auf ihr Basler Münster. Majestätisch reckt es sich empor und umflutet die Stadt mit Spiritualität. Aber die Sonnenuhr am Münster geht im Winter eine Stunde vor und zeigt statt der „normalen“ Zeit die Sommerzeit an. Warum?
Im Mittelalter wurden die römischen Temporalstunden entwickelt, die die Basis für die Zeitmessung darstellten. Der Tag hatte nun zwölf Nacht- und zwölf Tagesstunden. Sieben dieser Stunden waren die Horen, also die Stunden der Gebete. So gab es z. B. „Laudes“ am Morgen, „Vesper“ zum Ende des Tages und andere Horen. Aber die Menschen in Basel zählten die Horen nicht nach der zurückliegenden, sondern nach der angebrochenen Stunde. Der Mittag war also die erste Stunde, Mitternacht die Dreizehnte.
Es gibt noch andere Legenden, die die Basler Zeit zu erklären versuchen. Eine davon erzählt, dass ein Überfall auf die Stadt geplant war. Um Mitternacht sollte Basel von den Feinden mit der Hilfe von Basler Kollaborateuren eingenommen werden. Der Turmwärter erfuhr davon erst kurz vorher. Also blieb ihm keine Zeit, um Alarm zu geben. Daher stellte er einfach die Turmuhr eine Stunde vor. Mitternacht fiel aus und der Ansturm fand nicht statt.
Siehe auch ⬈ Basler Zeit auf Wikipedia
Was hat die Nordwestschweizer Stadt Basel zu dem gemacht, was sie heute ist? Dieser Frage gehen Historikerinnen und Historiker im neuen Buch “Basler Geschichte in Kürze – Zeitsprünge” nach. Inspiriert wurde es von einer Ausstellung im Historischen Museum Basel:
Die Zeitzonen in 99 Sekunden erklärt: